Montag, 19. Juni 2017

Hast du nichts, kannst du nichts...

Es wird mal wieder Zeit euch auf dem Laufenden zu halten was in Norwegen so los ist. Und da ich gerade auf dem Heimweg von meinem kurzen Mini-Urlaub in Nord-Norwegen bin, nutze ich Zeit um euch ein paar Zeilen schreiben. Thema heute: norwegische Bürokratie und Banken, die mich wahnsinnig machen.

Als neue Einwohnerin musste ich mich natürlich entsprechend registrieren, ABER: Ohne Termin geht hier gar nichts und auf den musste ich sage und schreibe 3 Wochen warten. Nach Unterschrift meines Arbeitsvertrags sollte es dann zum Skattetaten - dem Finanzamt - gehen, um meine Steuernummer etc. zu beantragen.
Überall im Internet findet man Informationen, dass hierzu nicht nur der Arbeitsvertrag notwendig ist, sondern auch das Registrierungszertifikat. Da gab es die ersten großen Fragezeichen über meinem Kopf, DENN: solch ein Zertifikat habe ich nicht erhalten als ich mich registrierte. Schlussfolgerung: Abwarten und Tee trinken, kommt bestimmt bald mit der Post.

Als gut drei Wochen später immer noch keine Post ins Haus geflattert kam, bin ich mit meinem Arbeitsvertrag einfach so zum Skattetaten um mal nachzufragen, ob es auch ohne Zertifikat geht. Die Dame schaute mich ganz verwirrt an und sagte nur: "Nö, eigentlich brauche ich nur ihren Pass und ihren Arbeitsvertrag." Gut, dass ich drei Wochen für nichts auf nichts gewartet habe. *Ironie off*

Da ich als Tour Guide auftragsbasiert bezahlt werde und mein Gehalt von Monat zu Monat abweicht, sollte ich auf Bitte meiner Agentur sogenannte Prosentkort beantragen. Es gibt hier in Norwegen auch die sogenannte Tabellkort. Den Unterschied habe ich noch nicht so recht verstanden - angeblich hängt es davon ab, ob du ein fixes Einkommen hast oder dein Einkommen variiert. Als kleine Unterstützung hatte die Agentur sogar ein Schreiben auf norwegische für das Skattetaten mitgegeben, damit bei der Beantragung ja nichts schief läuft.

DENKSTE! 2 Wochen später hatte ich einen Schrieb vom Skattetaten im Postkasten - allerdings eine Tabellkort. Also ging das Spielchen von vorne los und nach einigem diskutieren wurde die Tabellkort zur Prosentkort umgeschrieben, denn ohne Prosentkort macht die Buchhaltung meiner Agentur wohl nichts - und das heißt kein Gehalt. Also diskutiere ich da lieber mit dem Finanzamt, denn ohne Gehalt zahlt sich mein WG-Zimmer leider nicht von selbst.

Mit dem Schrieb vom Skattetaten gab es dann auch meine "Fødselsnummer". Ohne die kann man in Norwegen auch nichts machen. Kein Haus kaufen (keine Panik, ist bei mir noch nicht soweit) und kein Bankkonto eröffnen (Wichtig für Gehaltsüberweisung). Aber auch das mit dem Konto war nicht so leicht:
  • Bank 1: Ich am Start, junger Bankangestellter am Start - wie sind die einzigen Menschen in der Bank - alle relevanten Unterlagen am Start, ABER: ohne vorherige Terminvereinbarung könne man mir kein Konto eröffnen
  • Bank 2: Kontoeröffnung für Leute ohne Bank.-ID (hast du nur, wenn du schon ein Konto in NO hast) dauert ca. 5 bis 7 Wochen (einer Kolleging wurde erklärt es dauert so lange, weil die Zentrale sich in Oslo befindet - gehen die zu Fuß dahin um die Unterlagen einzureichen oder was???)
  • Bank 3: Kontoeröffnung ohne Termin und zu quasi sofort (die Bankkarte erhalten sie innerhalb einer Woche zugeschickt)  möglich - Hallelujah!

Eine Art Zertifikat, dass ich registriert bin bzw. eine Steuernummer habe, kam übrigens gut eine Woche nach meinem Schreiben vom Skattetaten. Es wurde also mit Vergabe meiner Steuernummer erstellt... Sehr verwirrend und nervenaufreibend das Ganze. Dadurch, dass Norwegen ja sonst immer so fortschrittlich ist, hatte ich mir das unkomplizierter vorgestellt. Da wünscht man sich doch glatt das Bürgeramt Hannover-Herrenhausen zurück - wobei man da mittlerweile auch Termine machen muss...

In diesem Sinne bis zu unserem nächsten Termin hier in meinem Blog
Eure Kristina






Sonntag, 11. Juni 2017

Stoltzekleiven und der fliegende Anker

Willkommen zu einer weiteren Ausgabe rund um das Thema Wandern. Dieses Mal war ich unterwegs mit einigen meiner Tour Guide Kollegen und wir hatten ein Ziel: Beweisen, dass wir unseren Touristen keinen Quatsch erzählen.

Hintergrund: Bei jeder Stadtrundfahrt mit dem Bus durch Bergen erzählen wir von der Explosion des niederländischen Schiffes Voorboode, das während des zweiten Weltkrieges im Hafen von Bergen explodierte und viele Häuser in dem Stadtteil Nordnes zerstörte, aber auch im ehemaligen Hanseviertel Bryggen oder an vielen anderen kulturell wichtigen Gebäuden wie der Håkonshalle oder dem Rosenkrantz-Turm großen Schaden anrichtete.

Wir erzählen auch gerne, dass angeblich der Anker des Schiffe durch die Explosion soweit weg geschleudert wurde, dass man den Anker heute in ca. 3 km Luftlinie entfernt auf dem Berg Sandviken finden kann. Bei einem abendlichen Feierabendbier hatten wir dann die glorreiche Idee uns auf die Suche nach dem Anker zu machen, um sicher zu gehen, dass wir bei unseren Touren auch keinen Blödsinn erzählen.

Die Recherchen ergaben: Um fündig zu werden, muss man erst wieder hoch hinaus und die über 800 Stufen den Stoltzekleiven hinauf auf das Aussichtsplateau des Sandviken. Gesagt, getan: Oben auf dem Sandviken ankommen, konnte die Suche dann los gehen. 

Stoltzekleiven, die Zweite - mit Ismaele, Cristina und Ana
Meine besten Freunde GoogleMaps und Wikipedia hatten mir vorab verraten, dass wir an einem großen See entlang wandern mussten, um zu einer Hütte namens "Ankerhytten" zu kommen. Diese Hütte trägt natürlich ihren Name, weil - ja, ja, ihr ahnt es - der Anker in der Nähe zu finden ist. Und dennoch war die Hütte nicht ganz so leicht zu finden, da sie mit ihrem Grasdach quasi inkognito war und erst beim zweiten oder dritten Hinsehen als Hütte und somit als unser Ziel erkennbar war.


Und keine zwei Meter von der Hütte entfernt lag er: der Anker, bzw. ein Teil davon. Man konnte ja nicht tatsächlich davon ausgehen, dass ein kompletter Anker zu finden sei. Bis heute geht man davon aus, dass die Explosion des Schiffes Voorboode ein Unfall war, auch wenn es am 20.04.1944 - also an Hitlers Geburtstag - explodierte. Das Schiff hatte auf seiner Fahrt von Oslo nach Kirkenes an der russischen Grenze im Hafen von Bergen aufgrund von technischen Problemen an Bord unplanmäßig Halt gemacht und ist mit gut 150 Tonnen Munition explodiert.

"Schatzsuche" beendet - Ankerteil gefunden

Eigentlich hatten wir vor den selben Weg zurück zu gehen wie wir gekommen waren, aber unserer nicht vorhandene Orientierung hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht und hat den Heimweg etwas abenteuerlicher starten lassen als geplant. Denn anstatt gen Osten waren wir eher südlich unterwegs und kamen irgendwann an einen etwas steileren Abhang, den man schon eher als Kletterparadies bezeichnen konnten und weniger als einen Weg. Das Problem der Orientierungslosigkeit von Wanderern scheint aber bekannt zu sein, denn wir fanden eine kleine Kletterhilfe in Form eines dicken Seils vor, die uns den Abstieg zum touristengerechten asphaltierten Wanderweg zurück nach Hause erleichterte.

Kleine ungeplante Kletterpartie gefällig?

Ihr seht also, eine Wandertour muss nicht immer stinklangweilig sein. Das kann schneller als Abenteuer enden als man denkt. Für mich war es an dem Tag doppelt anstrengend. Ich hatte nämlich bereits tagsüber eine Wandertour am Berg Fløyen und Rundemanen. Aber man sagt ja: Jeder Gang macht schlank und ich verspreche, beim nächsten Blogeintrag geht es nicht wieder ums Wandern. ;-)

Bis dahin liebe Grüße
Eure Kristina







Sonntag, 4. Juni 2017

På søndagstur


Vergangene Woche waren meine Eltern zu Besuch hier in Bergen. Ich konnte mich also an den Tagen, an denen ich nicht sowieso schon als Tour Guide für diverse Kreuzfahrtschiffe unterwegs war, voll und ganz austoben und meinen Eltern die Stadt Bergen zeigen - bei guten und bei schlechtem Wetter, wie sich das in Bergen gehört.

Neben einem ausgiebigen Stadtrundgang (bei Sonnenschein) und dem Besuch der Stabkirche in Fantoft und dem Freilicht-Museum Alt-Bergen (bei Regen), stand auch eine Wanderung auf dem Programm. Und wie sich das hier in Norwegen gehört, haben mein Papa und ich die Wanderung an einem Sontag gemacht. Hier in Norwegen hat nämlich die sogenannte Søndagstur große Tradition.

Unsere Sonntagstour sollte uns vom höchsten der sieben Stadtberge, dem Ulriken, über die Gebirgshochfläche Vidden zum Fløyen führen. An diesem Sonntag fand gleichzeitig auch die 7-Berge-Wanderung hier in Bergen statt, weshalb es am Ulriken und am Fløyen ordentlichen Gegenverkehr von tausenden Wanderern gab. Wer alle sieben Berge an einem Stück auf der vorgegebenen Route abwandert, hat am Ende gut 3,5 skandinavische Meilen (1 Meile = 10 km) und in Summe 2.400 Höhenmeter hinter sich gebracht.

Aussicht vom Ulriken an einem sonnigen Tag

Wir haben uns an diesem Tag mit rund 13 km über den Vidden zufrieden gegeben und haben es uns auch noch leicht gemacht indem wir den Ulriken nicht hochgewandert, sondern einfach mit der Gondel hochgefahren sind. Es waren schlicht weg zu viele Leute unterwegs; denn an der 7-Berge-Wanderung haben rund 6.000 Leute teilgenommen, die am Sonntagvormittag alle den Ulriken hinauf- und hinab gewandert sind.

Das Wetter war ziemlich gnädig mit uns. Obwohl Regen vorgesagt war, war es lediglich bewölkt und zum Ende der Tour kam auch noch die Sonne raus. Zum Glück führte die 7-Berge-Wanderung nicht über den Vidden, sodass wir relativ ungestört vor uns hinwandern konnten. Um es den Norwegern gleich zu tun, hatten wir selbstverständlich auch unser "Matpakke" (Lunchpaket) dabei, um uns bei kleinen Pausen zu stärken.

Das was mich aber immer wieder fasziniert, ist, dass an Wanderwegen, wo man seinen Weg über das Gestein suchen muss und ich drei Mal überlege, wo ich meinen Fuß als nächstes hinsetze um mich nicht lang zu machen, es Leute gibt, die einfach so gemütlich vor sich hin joggen. ;-) Genauso interessant: Auf dem Weg trafen wir eine norwegische Familie mit vier Kindern - Mutter mit Säugling vor der Brust, Vater mit ca. 2 jährigem Kind auf dem Rücken und die beiden anderen ca. 4 und 6 Jahre alten Kinder marschierten neben her ohne Mucken und Murren. Lange Strecken zu wandern gehört hier also zur frühkindlichen Erziehung dazu. Hätte mit mir und meiner Schwester damals im Familienurlaub sicherlich nicht geklappt...

Je näher wir dem Fløyen kamen, desto einfacher wurde übrigens der Weg. Ich würde also immer empfehlen mit dem Ulriken zu beginnen, da am Fløyen viele der Wege ausschließlich Schotterwege oder sogar gepflasterte Wege sind. Da macht es dann nicht mehr so viel, wenn die Kräfte und die Konzentration ein wenig nach lassen.

Aussicht vom Fløyen aus

Und weil ich kein Literaturnobelpreisträger bin und auch in diesem Leben nicht mehr werde, verzichte ich auf eine nähere Beschreibung der Aussichten während der Wanderung und lasse euch lieber direkt einen Blick in meine Fotogalerie werfen. Noch besser wäre, ihr bucht einen Flug hierher und wandert selber mit mir in und um Bergen herum.

Bis bald
Eure Kristina

Empfohlener Beitrag

Frohes neue Jahr aus Bergen! Godt nytt år fra Bergen!

Tschüß 2017 - Hallo 2018 !!! Wir unterbrechen die detaillierten Episoden meiner letzten Wochen an dieser Stelle für einen allgemeinen ...

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